Lebens|t|räume Magazin

Ausgabe Mai 2023

Schamanismus

Frank Henning/Future Humanity: Schamanismus – Ursprünge, Bedeutung und die Integration in unsere westliche Welt
Kurt Fenkart: Schamanismus in Therapie und Coaching

Homöopathie

Carola Lage-Roy: Es blüht so schön, aber der Heuschnupfen plagt
Rosina Sonnenschmidt: Homöopathie – die geniale Heilkunst des Westens

Wasser

Walter Ohler: Wasser-Trinkkuren

…und vieles mehr

Liebe Leserinnen und Leser,

im April-Editorial habe ich meine Meinung zum Kriegsgeschehen gesagt, und dabei auch betont, dass es weder richtig noch falsch gibt. – Diesen Standpunkt zu vertreten, erfordert einen Blickwinkel, der mit einem „Senkrechten Weltbild“ einhergeht und das kausale Denken gemäß des Ursache-Wirkungs-Prinzips als äußerst begrenztes, weltliches Ordnungsprinzip anerkennt, aber gleichzeitig als zu kurzsichtig begreift. Es fehlt eine Antwort auf die Frage: Was ist der Hintergrund, was ist die Absicht, dass eine bestimmte Ursache geschaffen wird? – Gipfelnd in den Fragen: Was lässt den Samen entstehen? Was ist dieses Leben außerhalb aller Form, das jedoch alle Formen durchdringt?

Wer sich auf diese Fragen einstellt, wird die Handlungsweisen, die in Politik und Wirtschaft gelten, zwangsläufig als zu kurzsichtig erkennen müssen. Doch kann man es den Politikern und Wirtschaftlern übelnehmen, dass sie blind sind für eine Betrachtung, dass sie zwar in der Welt anwesend sind, aber hinsichtlich eines übergeordneten Gesetzes permanent abwesend sind? Dieses „übergeordnete Gesetz“ heißt: Offen und weit, nichts von Heiligkeit. Das Gegenteil davon ist die Basis für politisches und wirtschaftliches Handeln. Man ist nicht weit, sondern eng (angus). Man hat Angst, die vorgestellten, besseren Werte (z. B. in einer Demokratie) zu verlieren. Deshalb zieht man angstvoll Grenzen, um das vermeintlich Wertvollere zu bewahren und zu schützen. Insofern regiert Angst die Welt. – Insofern ist es auch überall gleich. An der geistigen und materiellen Grenze gilt es, den Andersdenkenden abzuschrecken. Für ihn hat man Wertungen parat, die da heißen Terrorist, Diktator, Angreifer, Feind. Wer ein solches Etikett trägt, hat jedes Wohlwollen verwirkt, ist das verkörperte Böse. – Und – „Gott sei Dank, wir sind nicht so“ – wir sind die Guten.

Ohne es zu reflektieren, ergibt sich ein Denken, Fühlen und Handeln der Zwietracht, der Unterscheidung zwischen Gott und Teufel – und des fanatischen Eintretens für die „westlichen Werte“. Wir haben Recht. Wir haben den Stein der Weisen gefunden. – Ein nettes Spiel, wenn man es als solches erkennen würde. Dann wären unterschiedliche Werte im Wettstreit miteinander. Dann wäre wohlwollend unterschieden, dass China, Indien, Russland, Brasilien, Mexiko in einem Prozess sind, der aufgrund der sozialen Gegebenheiten eine grundsätzlich andere Behandlung der in ihren Grenzen lebenden Bevölkerung verlangt, als dies in unseren europäischen Breiten geschieht.

Wir nehmen es unseren Politikern und Wirtschafts-„Weisen“ nicht übel, dass sie dies nicht so einschätzen und behandeln, denn sie sind Kinder ihrer Zeit, die im Fortschrittsglauben und -wettstreit die Materie bis ins Kleinste untersuchen, das Haben über das Sein stellen, und die neuen Götter in der Wissenschaft finden. Würde ich in ihren Kategorien werten, müsste ich sagen: Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens. Aber auch: Dummheit schützt vor Strafe nicht. Tatsache ist:

Ohne das Wissen um ein ganzheitliches System bleiben wir im Kampf zwischen These und Anti-These stecken. Das bedeutet Krieg im Kleinen wie im Großen. Doch dieses Wissen ist abhandengekommen; man hat es auf dem Scheiterhaufen der sogenannten Aufklärung verbrannt. Und da das im Osten wie im Westen gleichermaßen so geschehen ist, können wir, die wir ein Ganzheitliches System wieder aus der Versenkung in Erinnerung gebracht haben, nur zuschauen, wie sie sich die Köpfe einschlagen und rechthaberisch jeden Mord, den sie im Namen ihres Gerechtigkeitsgefühls ausüben, als legitim einstufen.

Was antworten mir jene, die diesen „Unfug“ von mir eventuell lesen? – Das ist nicht pragmatisch. Das ist Traumtänzerei. Das ist esoterisches Geschwafel. Das gibt keine Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit. Alles Theorie, nicht umsetzbar in der Praxis.

Nun: Geist bewegt Materie. – Wenn nicht der Mut zur Demut findet, wird es keine Ernte geben, wird es keine Grenzöffnung geben: weder für Flüchtlinge, noch für Andersgläubige, noch für Putin, noch für Silenskyi; genauso wenig wie für vegane Ernährung und fleischfressende Mehrheiten, für Geschäftspartner und Ehepartner. Wenn es eine Grenzöffnung gäbe, wäre es vordergründig nicht besser, denn in jedem Prozess gärt und stinkt es, aber der daraus entstehende Dung ist die Basis für Neues. – Gerade im Frühling, wo auf diesem Dung der Blütenzauber entsteht, sollte uns dies bewusst werden.

Da ist es wunderbar, sich an das Lied zu erinnern, das Marlene Dietrich 1962 berühmt machte: „Sag mir, wo die Blumen sind“ (Deutsche Version von „Where have all the flowers gone“) Kaum bekannt ist, dass dieses Lied auf ukrainische und russische Musik zurückgeht. Hier ist Versöhnung: in der gemeinsamen Kultur:

„Sag mir, wo die Blumen sind,

wo sind sie geblieben?

Sag mir, wo die Blumen sind,

was ist geschehen?

Sag mir, wo die Blumen sind,

Mädchen pflückten sie geschwind.

Wann wird man je verstehen?

Wann wird man je verstehen?

Sag mir, wo die Mädchen sind;

Männer nahmen sie geschwind.

Sag mir, wo die Manner sind;

zogen fort – der Krieg beginnt.

Sag, wo die Soldaten sind:

über Gräbern weht der Wind.

Sag mir, wo die Gräber sind;

Blumen wehen im Sommerwind.“

Herzlichst,

Wolfgang Maiworm