Lebens|t|räume Magazin

Ausgabe April 2023

Reisen – innen und außen

Wolfgang Maiworm: Sind wir Liebende der Erde
Wolfgang Maiworm: Gruppenreisen ins ETORA-Centro-Lanzarote
Markus Berger: Das Rüstzeug der Psychonauten
Wolfgang Deußer: Seminar-„Reise“: Partnerschaft, Sexualität und Familie

…und vieles mehr

Liebe Leserinnen und Leser,

angesichts des Krieges Russland-Ukraine hat man dem Film „Im Westen nichts Neues“ vier „Oscars“ verliehen. Das ist ein Signal. Das macht darauf aufmerksam, was im Untertitel des 1957 erschienenen Buches von Erich Maria Remarque angezeigt ist: „Das klassische Erlebnis des Frontsoldaten“. – Wenn wir dieses Werk vom Ursprung her betrachten, ist allerdings klar, dass das, was seinerzeit im Cover-Text festgestellt wurde, nichts mehr mit dem zu tun hat, was das politische Kalkül ausgemacht hat, ausgerechnet jetzt bei gegebenem Werteverständnis der Krieg führenden Parteien (vordergründig Ukraine und Russland) die „Oscars“ als besonders wertvoll zu betrachten. – Ich gebe hier den kompletten Cover-Text wieder, doch das Wesentliche hebe ich FETT hervor; und dann bitte ich Sie, über „engstirnigen Nationalismus“ nachzudenken – und Sinn und Unsinn des Krieges und die Verleihung der „Oscars“ in den Spiegel dazu zu nehmen. –

„Um Kritik und Verantwortung wachzuhalten. Dieses Buch, das weltweite Verbreitung gefunden hat – es wurde in 32 Sprachen übersetzt -, bedarf keiner besonderen Einführung oder eines empfehlenden Hinweises. Unmittelbar nach seinem ersten Erscheinen ist es bereits zu einem Begrif f geworden, weit über die Grenzen Deutschlands. Sein sensationeller Erfolg erklärt sich daraus, dass hier in einer einmaligen und bisher einzigartigen Weise, nur vom Ethos der Wahrhaftigkeit und der Ehrlichkeit getragen, das Kriegserleben und -erleiden von Millionen Menschen ins gestaltete Wort gehoben wurde: die Wirklichkeit des Krieges aus der Perspektive der Betroffenen, phrasenlos und einfach und sehr menschlich, so genau wiedergebend, dass diese Millionen nur bekennen konnten: ja, so ist es gewesen, so und nicht anders. Mit leidenschaf tlicher Zustimmung, aber auch mit krasser Ablehnung dort, wo sich ein engstirniger Nationalismus in seinen kurzsichtigen Interessen verletzt fühlte, haben die Leser und Kritiker in der ganzen Welt Stellung genommen. Der Verlauf der geschichtlichen Ereignisse hat der aufrüttelnden Anklage Remarques auf bitterste Weise recht gegeben. Möge darum dieser Aufruf zur Besinnung nie vergessen werden!“

Und was haben wir? Engstirnigen Nationalismus. Dies sowohl in der Ukraine als auch in Russland. Und überall dort, wo diese Kriegstreiber (ob sie angreifen oder sich wehren) ihre Frontsoldaten für Werte opfern, die Menschlichkeit verraten, missachten, zu Tode trampeln: mit der vordergründigen Phrase, man verteidige die Freiheit. Und die Werte, die der Gegner bzw. Feind hochhalte, seien verwerflich, zumindest aber weniger wert als die eigenen. –

Mir fiel ein Aufruf des DGB (Deutschen Gewerkschaftsbundes) von 1983 in die Hände. Auf der Vorderseite ist ein „Frontsoldat“ zu sehen und dazu hat jemand den Spruch angeheftet: „Die uns vorleben wollen, wie leicht das Sterben ist; wenn sie uns vorsterben wollten, wie leicht wäre dann das Leben“ (Erich Fried).

Steht der DGB auch heute noch dazu? Oder ist er gegenüber den Worthülsen aus allen Lagern der Politik eingeknickt? „Nie wieder Krieg“ ist von vielen Klugen – auch Politikern – gefordert worden. Aber entsprechend des Sprichwortes „Wo der Kluge den Kopf hebt, neigt der Weise bescheiden den Kopf“, erleben wir Blindheit. Diese Haltung spiegelt sich aber im „Tao te King“ von Laotse (Vers 31). -Ach, würde sie doch zum Maßstab aller Krieger:

Gute Waffen sind Werkzeuge der Furcht,
bei allen Geschöpfen sind sie verhasst.
Daher wenden Befolger des Tao sie niemals an. Der Weise bevorzugt links,
der Krieger bevorzugt rechts.
Waffen sind Werkzeuge der Furcht,
für den Weisen sind sie keine Hilfsmittel. Er gebraucht sie nur, wenn er keine andere Wahl hat.
Sein Herz liebt Ruhe und Frieden,
und ein Sieg ist kein Grund zur Freude. Wenn dich ein Sieg erfreut, dann hast du Gefallen am Töten;
wenn du Gefallen am Töten hast, kannst du
dich selbst nicht vollenden.
Bei freudigen Anlässen erhält die linke Seite
den Vorzug.
Bei traurigen Anlässen die rechte Seite.
In einer Armee steht der Feldherr links.
der Oberbefehlshaber rechts.
Dies bedeutet, dass der Krieg wie ein Begräbnis geführt wird.
Wenn viele Menschen getötet werden,
sollten sie mit aufrichtigem Schmerz beklagt werden.
Deshalb muss ein Sieg wie ein Begräbnis begangen werden.

Ich sehe, wie Weisheit diffamiert wird, wenn die Vorschläge von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht von den „Realisten“ abgekanzelt werden. Die Dummheit herrscht in dieser, unserer Demokratie. Die Mehrheit ist die Schafherde, die den von der Regierung gesponserten Medienvertretern vertrauen, die Propaganda nicht durchschauen und gutgläubig „fressen“, was man ihnen psychologisch geschickt als Seelenheil verkauf t: „Kämpfe für dein Vaterland!“ „Verteidige die völkerrechtlich abgesegneten Grenzen!“ – It ́s all for your best.

Oder: Liebe deine Feinde wie dich selbst?

Wir kommen nicht zur EINsicht, wenn wir nicht den tiefen Sinn aufnehmen: Wir müssen Kriege hinter uns lassen. In einem Kreisgeschehen sind Anfang und Ende eins. Bedeutet: Der Krieg ist der Anfang aller Dinge, und er ist auch das Ende aller Dinge. Krieg bedeutet, für etwas zu streiten und Grenzen zu überschreiten: so wie ein Baby zur Welt kommt. Es beginnt die Heldenreise, folgt dem Ruf des Lebens nach permanenter Veränderung, nach permanenter Grenzüberschreitung von Stufe zu Stufe – und findet Frieden in der jederzeit möglichen Erkenntnis: Es gibt eigentlich nichts zu tun. ES tut sich.

Leben genügt sich selbst. Alle und Alles sind gleichberechtigt im Tun und Lassen, denn es gibt weder richtig noch falsch, weder gut noch böse. „Selbst Schlafende arbeiten und helfen mit bei dem, was im Universum vor sich geht.“ – Die EINsichtigen sind zum Beispiel wie Gorbatschow; sie warten nicht auf die EINsicht des Anderen, sie handeln JETZT einseitig gemäß der Erkenntnis: Jeder Schritt im Leben dient der Heimkehr in den Mutterschoß des Friedens, sucht den „Heiligen Gral“ einer höheren Vernunft, sucht den Schoß der Geborgenheit im ewig Weiblichen – und rüstet ab statt auf, gibt sich hin im Dienst für das sowohl:als auch, weg vom entweder:oder.

Herzlichst, Wolfgang Maiworm